Das Startup robodev gewinnt 3. Platz des 6. Venture Capital Pitch
Das Startup robodev aus Karlsruhe hat den 3. Platz des 6. Venture Capital Pitch gewonnen. Andreas Bihlmaier, CEO & Head of Software, erzählt uns von der Industrie 4.0, seinem Startup robodev und welche Rolle es hierbei spielt.
Unter dem Motto „Best of Baden-Württemberg“ stellten im Februar die innovativsten High-Tech-Gründer des Bundeslandes bei der sechsten Ausgabe des Venture Capital-Pitches in der Stuttgarter L-Bank Rotunde ihre Geschäftskonzepte vor. Rund 220 Gäste aus dem deutschsprachigen Raum wählten unter den pitchenden Start-ups ihre Favoriten.
Bewerben konnten sich alle Startups, die ihren Fokus auf die Bereiche IT, Life Science oder Technik gelegt, ihren Unternehmenssitz in Baden-Württemberg und einen Kapitalbedarf von mehr als 500.000 Euro haben.
In deinen eigenen Worten: Was ist die „Industrie 4.0“?
Meiner Meinung nach ist der bedeutendste Aspekt von „Industrie 4.0“ die Verjüngungskur für die Old Economy. Zumindest wurde das produzierende Gewerbe als letzteres wahrgenommen, bevor der Begriff im Jahr 2011 auf der (politischen) Agenda auftauchte. Einhergehend mit dieser Veränderung in der öffentlichen Wahrnehmung haben auch Personen, deren Hintergrund in einem Bereich liegt, welcher sich historisch gesehen eher abseits der Industrieautomatisierung befindet, sich für diesen Wirtschaftssektor interessiert. Beispielsweise war es eher ungewöhnlich, dass Informatiker die Industrie und Robotik als eines der spannenden Gebiete betrachten. Heute ist es durchaus üblich auf talentierte Studenten dieses Fachs zu treffen, welche großes Interesse zeigen sich in diesen Themen zu verwirklichen.
Was macht das Startup robodev?
Das Startup robodev bietet ein Baukastensystem einfach nutzbarer Hardwaremodule in Kombination mit einer intuitiven Softwaresteuerung an. Diese Kombination ermöglicht es individuelle Automatisierungslösungen innerbetrieblich zu realisieren. Unser Ziel ist es unseren Kunden zu ermöglichen sich Megatrends, wie verkürzten Produktlebenszyklen, Massenindividualisierung und volatilen Märkten, auf eine agile Art anzupassen.
75 % der Wertschöpfungsprozesse im produzierenden Gewerbe sind derzeit entweder manuell oder nur gering automatisiert – sogar in Deutschland. Zur Sicherstellung der internationalen Wettbewerbsfähigkeit sollten daher die Mitarbeiter bei ihren Tätigkeiten unterstützt werden und zwar so, wie es in der jeweiligen Produktion individuell erforderlich ist.
Die robodev Lösung sind individuelle anpassbare Assistenzsysteme, welche direkt am Arbeitsplatz aufgebaut werden können und auch bei kleinen Stückzahlen wirtschaftlich sind. Zusammen mit der Neuheit, dass kein externer Dienstleister für Aufbau oder Umrüstung notwendig ist, geben wir Betrieben die Möglichkeit das Prozesswissen der Planer und Produktionsmitarbeiter (Motivation, Kreativität) unmittelbar in eine Teilautomation (Qualität, Effizienz) umzusetzen.
Welche Rolle spielt robodev in der Industrie 4.0 in Deutschland?
Das robodev System ist ein sehr anschauliches Beispiel für Innovation im Bereich des industriellen Sektors, dass einen konkreten Mehrwert für unsere Kunden hat.
Da wir auf etablierten Industriestandards aufsetzen und wichtige Aspekte von „Industrie 4.0“ Produkten bei allen Teilen des Systems berücksichtigen, beispielsweise Konnektivität, softwarezentrierte Automatisierung und neue Geschäftsmodelle, helfen wir die cyberphysische Grundlage zu schaffen, auf welcher die 4. industrielle Revolution aufbauen wird. Aus diesem Grund wird robodev auch als Praxisbeispiel beim “Lab Network Industrie 4.0” (LNI4.0) präsentiert.
Das Lab Network Industrie 4.0 hat sich zum Ziel gesetzt “Testumgebungen” für Industrie 4.0 Anwendungen bereitzustellen bzw. sichtbar zu machen. Anders gesagt es geht darum, praxisnahe Beispiele von I4.0 zu zeigen, insbesondere welche die sich auch bei KMU realisieren lassen.
Wie ist die Idee für Euer Startup entstanden?
Es waren einmal … drei Doktoranden im Institut für Prozessautomation und Robotik (IPR) des Karlsruher Instituts für Technologie (KIT), welche sich fragten: „Ist es wirklich notwendig, soviel Aufwand und Zeit investieren zu müssen, um auch nur einfache Automatisierungssysteme aufzubauen?“ Diese Aufgabe musste in einem akademischen Forschungskontext, mit einer Vielzahl von nationalen und europäischen Projekten, häufig erledigt werden.
Nein! Es geht auch viel einfacher. “
Mit dem gemeinsamen interdisziplinären Hintergrund der späteren robodev Gründer – und nach viel Arbeit – stand die Antwort fest „Nein! Es geht auch viel einfacher“. Der entscheidende Punkt dabei ist die passende Integration, sowohl in Hardware als auch in Software, von bisher getrennten Systemkomponenten. Nachdem wir unsere frühen Prototypen einigen Produktionsverantwortlichen und -planern gezeigt hatten, wussten wir, es gibt eine echte Kundennachfrage für ein Automatisierungssystem, welches tiefgreifend sensorbasiert arbeitet und anstatt in Wochen innerhalb weniger Stunden in Betrieb genommen werden kann.
Wie ist der Name robodev entstanden?
robodev ist ein Wortspiel für “robotic devices”: Unser Ziel ist es nicht, Anbieter eines spezifischen Roboters zu sein. Stattdessen möchten wir unseren Kunden ein Baukastensystem an die Hand geben, mit dem diese individuelle Automatisierungslösungen schaffen können, welche Methoden der modernen Robotik und künstlichen Intelligenz nutzen.
Welchen Hintergrund habt Ihr?
Zunächst möchte ich betonen, dass die wichtige Frage genau diese nach unserem (Plural!) Hintergrund ist. Denn ohne meine beiden Mitgründer, Dr. Jens Liedke und Dr. Julien Mintenbeck, mit ihrem jeweiligen Hintergrund in Maschinenbau und Mechatronik, wäre es nicht möglich mit robodev Erfolg zu haben. Die robodev Produkte sind genau in der Schnittmenge von Mechanik, Elektronik und Informatik.
Ich selbst habe Informatik und Philosophie am Karlsruher Institut für Technologie (KIT) studiert. Anschließend bin ich zur Promotion im Bereich Robotik und kognitive Systeme in Karlsruhe geblieben und brachte am Lehrstuhl von Prof. Wörn einem Roboter – recht erfolgreich – bei, Chirurgen bei minimalinvasiven Eingriffen zu assistieren.
Nach einem PhD Internship bei Google Research in Mountain View, erhielt ich eine Vollzeitstelle angeboten und wäre ins Valley ausgewandert – wäre da nicht die Chance gewesen robodev mitzugründen.
Wenn ich gerade nicht am Aufbau der Firma arbeite, was zugegebenermaßen gerade selten ist, ist es wahrscheinlich mich entweder im Schlossgarten beim Lesen, oder auf den nahegelegenen Schwarzwaldausläufern beim Mountainbiking zu finden.
Ihr habt 2016 gegründet – Wie habt Ihr Euch seit dem entwickelt?
Das Wichtigste zuerst: Wir sprachen mit vielen (potentiellen) Kunden und nutzten dieses Feedback um unsere Prototypen zu iterieren und zu Produkten zu industrialisieren. Zudem haben wir auf vielen Industriemessen Prototypen des robodev Systems ausgestellt, in Startup Wettbewerben teilgenommen, auf vielen verschiedenen Events gepitched und unsere erste Finanzierungsrunde organisiert. In diesem Prozess gewannen wir, neben dem VC-BW Pitch, zwei wichtige Auszeichnungen: „WECONOMY“ und „100 Orte für Industrie 4.0 Baden-Württemberg“. Aktuell bereiten wir alles für die Hannover Messe 2017 vor. Dort werden wir die zunächst verfügbaren Produkte aus dem robodev System präsentieren.
Wie habt Ihr das Gründen eines Startups hier in der Region erlebt?
In Gesprächen mit Gründern älterer Startups bzw. Unternehmern inzwischen etablierter Firmen wurde deutlich, wie sehr sich das (regionale) Ökosystem für Startups in den letzten Jahren verbessert hat. Wir haben eine gute Auswahl an Weiterbildungsangeboten in kaufmännischen und unternehmerischen Themen vorgefunden, welchen vom KIT, CyberForum, IdeaHub oder der Wissensfabrik angeboten wurden. Zudem haben uns engagierte Mentoren ungemein dabei geholfen einen schnellen Einstieg in alle Facetten der unternehmerischen Tätigkeit zu finden, welche über die Bereitstellung eines relevanten Kundennutzens, basierend auf neuer Technologie, hinausgehen.
Gibt es Dinge, die Ihr bei der Gründung eines Startups im nach hinein anders machen würdet?
Es ist noch zu früh für eine Menge an Weisheit im Nachhinein. Trotzdem würde ich noch früher aus dem Labor gehen und mit Kunden über ihre realen Herausforderungen sprechen.
Ich habe neulich vom „Gründer-Burnout“ gelesen: Was macht Ihr, um bei Euch ein Burnout zu vermeiden?
Das Risiko ist durchaus sichtbar, denn es gibt immer noch eine Aufgabe deren Bearbeitung scheinbar zum Unternehmenserfolg beiträgt. Zwar habe ich auch kein Patentrezept, aber wenn man zu sich selbst ehrlich ist, gibt es spürbare Grenzen der eigenen Belastbarkeit, seien dies 60, 80 oder mehr Wochenstunden. Es ist in Ordnung an diese Grenze zu kommen, auch sie in kritischen Situationen kurzzeitig zu überschreiten, aber im Alltag muss man von dem Limit mindestens einen Schritt Abstand halten – sonst ist das Limit genau die sprichwörtliche Klippe von der man, früher oder später, fallen wird.
Welche Bedeutung hat der Preis des Venture Capital Pitch für Euch?
Selbstverständlich haben wir unseren Pitch und unseren Demonstrator mit der Zielsetzung vorbereitet, es auf‘s Siegertreppchen zu schaffen. Jedoch war es uns bei früheren Events schwer gefallen unser Thema einem Publikum näher zu bringen, welches nicht notwendigerweise Produktion und Industrieautomatisierung als Hintergrund hat. Daher freuen wir uns nicht nur sehr über die Auszeichnung, sondern sehen diese auch als positive Rückmeldung, dass sich die vielen Iterationen an unserer Message gelohnt haben.
Was sind Eure weiteren Pläne für die Zukunft?
Da unsere Kunden nicht Endverbraucher, sondern Industriebetriebe sind, ist der Anspruch robodev in der breiten Öffentlichkeit bekannt zu machen wenig relevant. Hingegen halte ich es für durchaus möglich mit unserem Angebot an den Punkt zu kommen, sagen wir in fünf Jahren, in dem vielen Personen an robodev denken, wenn in ihrer Produktion neue Aufgaben anstehen – und wir ihnen mit unseren Produkten helfen diese Aufgaben durchzuführen.
Bilder: robodev Team, robodev System, robodev WECONOMY Gewinnertafel © robodev GmbH; Portrait von Andreas Bihlmaier © Wissensfabrik/Slavica
Weitere Quelle: L-Bank
Leave a reply