bizplay 2017: Tobias Frisch (Fizbin) über Gamification & Culture
Auf der bizplay am 28. September 2017 in Karlsruhe hielt Tobias Frisch, Executive Producer beim Studio Fizbin, einen höchst interessanten Vortrag über „Games als Medium der öffentlichen Kultur“. Da ich so gefesselt und begeistert dem Vortrag lauschte, machte ich kaum Notizen. Daher freue ich mich riesig, dass Tobias mir eine Zusammenfassung seines Vortrags geschickt hat.
Wir befinden uns mitten in der digitalen Transformation!
Die digitale Transformation findet schon längst statt. Wir befinden uns in einer Gesellschaft, die Jahr für Jahr immer stärker mit interaktiver Technologie aufwächst. Nahezu jeder Haushalt hat ein oder mehrere interaktive Endgeräte, allen voran die mobilen Geräte.
Diese Entwicklung macht auch vor den Jüngsten nicht halt, die die Grundfunktionen (Wischen, Tippen, Swipen) in kürzester Zeit erlernt haben und auch in diesem Alter schon ihre ersten Erfahrungen machen. Wir waren davon zu Beginn unserer Arbeit im Kinder-Apps-Bereich auch selbst überrascht, es ist aber einfach Fakt.
Das Erlernen und der Umgang muss aber vernünftig stattfinden
Das Erlernen und der Umgang muss aber vernünftig stattfinden und neben dem wichtigsten Faktor, den Eltern, sind es wir und unsere Auftraggeber (hier also die öffentlich-rechtlichen TV-Sender) als Anbieter, dass entsprechend gestaltete Angebote zur Verfügung stehen, und nicht „erwachsene“ Programme genutzt werden. Zum Glück haben das auch einige Träger der öffentlichen Kultur erkannt und sind wirklich bemüht, im Felder der interaktiven Software-Entwicklung Fuß zu fassen.
Für die ElefantenApp mussten wir eine öffentliche Ausschreibung mit genauer Leistungsbeschreibung gewinnen. Die ElefantenApp stammt direkt von der Redaktion, die auch die „Sendung mit dem Elefanten“ verantwortet, sie kennen die Charaktere, die Welt und ihre Möglichkeiten also sehr genau.
Die App sollte eine Ergänzung, aber keine Alternative zur Sendung sein
Die wichtigsten Faktoren waren, dass wir den Spirit der Sendung und der dazugehörigen Website aufgreifen und die App eine Ergänzung, aber keine Alternative darstellt. Dafür waren wir in der Konzeption der Spiele sehr frei bzw. haben bereits als Teil der Ausschreibung mehrere Spielkonzepte vorgestellt.
Es war dafür von Vornerein klar, dass die App neben Spielen auch das Sendungs-Streaming enthalten muss, was auch die meistgenutzte Funktion ist. Es ist natürlich toll, die Lieblingssendungen auch unterwegs ansehen zu können.
Was können die Kinder verstehen und selbst nutzen?
Darüber hinaus war es aber besonders schwierig zu antizipieren, was die Kinder verstehen und damit selbst nutzen und anwenden können und was nicht. Ohne Testen mit der Zielgruppe ist das unmöglich. Selbst als erfahrene Spieldesigner wurden wir öfter überrascht. Steuerungen, Bedienelemente oder Spielregeln, die für uns total cool und einfach waren, konnten von den Kindern nicht angewandt werden.
Es sollten sowohl 3-jährige als auch 6-jährige Kinder angesprochen werden!
Daneben gibt es noch gewaltige Unterschiede zwischen den Fähigkeiten von 3-jährigen oder 6-jährigen Kindern, die App soll aber genau diese Altersspanne komplett ansprechen.
Ein Beispiel: ursprünglich wollten wir ein Spiel einbauen, bei dem der blaue Elefant immer verschiedene Hindernis-Situationen überwinden muss, gesteuert wird, aber immer nur mit einem digitalen Button. Dieser hat dann pro Szene verschiedene Bedeutungen. Man muss in einem Boot z.B. den Knopf drücken, um die Richtung zu wechseln.
Ziel hier ist, einen Stern einzusammeln, der zufällig rechts oder links vom Boot herunterfällt. In der nächsten Szene muss der Elefant von Baumstamm zu Baumstamm über einen Sumpf hüpfen, der Button dient beim Drücken dem Sprung.
Klingt für uns total simpel, aber spannend durch die immer neuen Szenen. Die Kinder aber konnten den Transfer von Button auf „Bedeutung pro Szene“ einfach nicht vollziehen. Sie wollten immer direkt auf den Elefanten drücken, ziehen oder draufdrücken. Es klappte nicht. Am Ende haben wir hier ein ganz anderes Spiel entwickelt, ein Geschicklichkeitsspiel in den Wolken, bei der der Elefant in einer Seifenblase zum Ziel geführt werden muss. Solche Iterationen im Zusammenspiel mit Testen bei Kindern sind unglaublich wichtig.
Das ist erst der Anfang von Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Kultur und Spieleentwicklern
Grundlegend glaube ich, dass wir erst ganz am Anfang von der Zusammenarbeit zwischen öffentlicher Kultur und Spieleentwicklern stehen. Ganz konkret würden wir unglaublich gern eine App für die Sendung „Löwenzahn“ machen. Es ist unsere Kindheit, aber vor allem könnte man da so unglaublich tolle, viele Lernspiele erfinden, das wäre sicher ein großer Spaß.
Generell wünschen wir uns, dass viele öffentliche Träger mehr Mut haben, wir können uns grade auch für Museen eine Vielzahl an tollen, interaktiven Ausstellungs-Elementen vorstellen. Klar, Spieleentwicklung kostet was, aber kann auch ganz einmalige Erfahrungen erzeugen.
Vielen Dank, Tobias, für die Erklärung!
Quelle: Tobias Frisch, Executive Producer, Studio Fizbin GmbH
Bilder: © Studio Fizbin GmbH
Fotos auf der bizplay © Johanna Wies, wobei das Copyright der Folien natürlich bei Fizbin liegt.
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